Als Kind war Weihnachten das Größte, man freute sich schon monatelang auf das große Fest. In der Schule wurden Strohsterne gebastelt, um diese am Heiligen Abend an den Weihnachtsbaum zu hängen. Zwei Wochen vor Weihnachten wurde dann Lebkuchenteig hergestellt, der mindestens eine Woche ziehen musste. In diesem Teig waren jede Menge exotischer Gewürze, Zimt, Sternanis, Kardamom, Macis und viele andere, die heute keiner mehr kennt. Als Backtriebmittel wurde Hirschhornsalz verwendet, weshalb der Teig so lange ruhen musste.
Jede Woche schaute man auf den Adventskranz in der Schule und freute sich darüber, wenn eine neue Kerze brannte.
Wenn am Heiligen Abend das Glöckchen bimmelte war es soweit, die Geschenke durften geöffnet werden und danach ging es in die feierlich geschmückte Kirche. Auf dem Rückweg von der Kirche stapfte man durch den Schnee und fiel danach erschöpft und glücklich ins Bett.
In den 70er Jahren wurden die Geschenke immer größer, die Geschäfte immer prächtiger und die Wünsche nahmen zu. Man glaubte nicht mehr an den Weihnachtsmann und wünschte sich von seinen Eltern konkrete Sachen. Die Überraschung zu Weihnachten lag dann nur noch in der Vielzahl der erfüllten Wünsche. Danach ging es zu den Großeltern, um hier weiter zu feiern und neue Geschenke auszupacken.
In den 80er Jahren wurde Weihnachten komplizierter, man wollte Weihnachten mit seiner Freundin verbringen und gleichzeitig mit der Familie feiern. Die Vorbereitungen zu Weihnachten hatten sich gewandelt. Backen und Basteln waren vergessen, man stürzte sich jetzt selbst ins Einkaufsgeschehen und war bedacht, seine Lieben zu beschenken. Die Welt wurde durch Tschernobyl global und der Mauerfall führte zum Umsturz der politischen Systeme in Deutschland. Weihnachten war jetzt die Zeit, in der man sich Gedanken zur Zeitgeschichte und der Verbesserung der Welt machte.
In den 90er Jahren war Weihnachten wieder etwas ganz besonderes, das eigene Kind war geboren. Das Haus wurde geschmückt und es wurden wieder Plätzchen gebacken. Nicht so aufwändig wie zur Kinderzeit, aber es gab Weihnachtsplätzchen jetzt schon ab November im Discounter, so dass man zu Weihnachten meist keinen Appetit mehr auf diese hatte. Deutschland war wiedervereinigt, die Sowjetunion zerfiel, die Regierung zog von Bonn nach Berlin.
Im 21. Jahrhundert änderte sich alles in unserer globalen Welt. Der Euro hat die Mark ersetzt, das erste Smartphone veränderte unsere Gesellschaft grundlegend. Die Generation Kopf unten wuchs heran und der Black Friday kommerzialisierte das Weihnachtsfest noch stärker. Die Wünsche der Kinder wurden größer und auch für sie wurde Weihnachten kompliziert, wenn sie im jugendlichen Alter lieber mit Freunden feiern wollten. Für die Erwachsenen dagegen wurde Weihnachten mit der Familie wieder wichtiger, da man nicht wusste, wie lange die eigenen Eltern noch leben würden.
In den 2010er Jahren steigt der Konsum zu Weihnachten weiter an und die Digitalisierung bringt uns im Leben virtuell zusammen. Weihnachten ist jetzt die Zeit, in der man über die Gesellschaft und ihre weitere Entwicklung nachdenkt. Aus dem Kaufrausch der letzten Jahre hat man sich ausgeklinkt und versucht wieder, die Weihnachtszeit als etwas Großes anzusehen, in der man sich aus dem Alltag herausnimmt, innehält, um sich auf das Wichtige im Leben zu konzentrieren. Wer weiß schon, wie lange es Weihnachten noch geben wird, in einer Zeit, in der es aus Rücksicht auf andere Kulturen als politisch nicht korrekt gilt, wenn wir unsere eigene Kultur weiter pflegen. Es wäre ein Verlust für unsere christliche Kultur, wenn wir das Fest der Feste nicht mehr an die nächste Generation weitergeben würden.
Weihnachten ist einer dieser Ankerpunkte, an dem wir unser Leben reflektieren können.
Ich wünsche Ihnen eine frohe Weihnacht und verlieren Sie nicht den Zauber dieser Zeit.
Hardy Schmidt-Ellinger
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